Quantifizierung des Ausmaßes des Zusatznutzens von neuen Arzneimitteln: „gering" - „beträchtlich" - „erheblich" Anmerkungen aus der Sicht eines Biometrikers = Quantifying the additional clinical benefit of new medicines: little - considerable - significant : 6 remarks from a biometrician's point of view
Gemäß des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) vom 22.12.2010 soll bei der Nutzenbewertung neuer Arzneimittel das „Ausmaß des Zusatznutzens" bewertet werden. Eine ensprechende Verordung des Bundesmisisterium für Gesundheit führt aus, das die Quantifizierung des Ausmaßes des Zusatznutzens...
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Veröffentlicht in: | Das Gesundheitswesen |
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1. Verfasser: | |
Format: | UnknownFormat |
Sprache: | ger |
Veröffentlicht: |
2014
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Zusammenfassung: | Gemäß des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) vom 22.12.2010 soll bei der Nutzenbewertung neuer Arzneimittel das „Ausmaß des Zusatznutzens" bewertet werden. Eine ensprechende Verordung des Bundesmisisterium für Gesundheit führt aus, das die Quantifizierung des Ausmaßes des Zusatznutzens anhand der Begriffe „erheblicher Zusatznutzen", „beträchtlicher Zusatznutzen" und „geringer Zusatznutzen" erfolgen soll. Das IQWiG hat im September 2011 in Anhang A der Dossierbewertung zu Ticagrelor eine „Operationalisierung des Ausmaßes des Zusatznutzens gemäß AM-NutzenV" vorgenommen und erläutert. Dabei wird zwischen den Zielgrößenkategorien Überlebenszeit (Mortalität)", „schwerwiegende (bzw. schwere= Symptome", „Lebensqualität" und „nichtschwerwiegende (bzw. nicht schwere) Symptome" unterschieden. Die Kategorisierung des Zusatznutzens hinsichtlich der Mortalität wird in der Operationalisierung des IQWiGs durch Festlegung von Schwellenwerten für die obere Grenze des 95% Konfidenzintervalles für das relative Risiko (RR) vorgenommen. Die Vorgaben des Gesetzgebers und die Operationalisierung des IQWiG haben langfristig eine direkte Auswirkung auf die ärztliche Versorgung, da sie mitbestimmen welche Arzneimittel zu welchen Preisen zur Verfügung stehen. Durch die Einführung von Begriffen wie „beträchtlicher Zusatznutzen", „erheblicher Zusatznutzen" oder „gewünschten Effekten" und ihre Kopplung an statistische Kenngrößen und Inferenzmethoden werfen sie aber auch eine Reihe von weitergehenden, grundsätzlichen Fragen auf, ob und wie wir mit diesen Begriffen in Zukunft umgehen und welche Konsequenzen der Benutzung statistischer Kriterien zur „Definition" dieser Begriffe innewohne. Im vorliegenden Beitrag werden 6 Fragen beleuchtet, die sich in diesem Zusammenhang ergeben: Lässt sich mit statistischen Methoden ein „beträchtlicher Zusatznutzen" definieren? Kann eine Klassifikation des Zusatznutzens aufgrund eines geschätztem RR verlässlich sein? Welche grundsätzlichen Möglichkeiten der „statistischen" Operationalisierung gibt es? Gibt es „das" relative Risiko für den Endpunkt Mortalität? Ist ein relatives Risiko ein sinnvolles Maß für den Zusatznutzen? Sollen in Zukunft Studien so geplant werden, dass ein wahrer „beträchtlicher" Effekt nachgewiesen werden kann? Meine Ausführungen sollen verdeutlichen, dass auch die Benutzung mathematisch-statistischer Methoden zur Quantifizierung oder Klassifikation des Zusatznutzens nicht das grundlegende Problem der Entscheidung unter Unsicherheit perfekt lösen können. Darüber hinaus weisen sie auf grundsätzliche Fragen hin, die im Prozess der Quantifizierung auftreten: Sollen z.B. absolute oder relative Veränderungen in der Mortalität ausschlaggebend für die Preisfestsetzung sein, und welcher Zeithorizont soll für die Bewertung der Mortalität einer Behandlung gewählt werden? Hinsichtlich der Planung neuer Studien wird die Frage aufgeworfen, ob diese hinsichtlich eines Nachweises überhaupt eines Zusatznutzens oder eines beträchtlichen Zusatznutzen gepowert werden sollen oder dürfen. |
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ISSN: | 0941-3790 |